„Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können.“ (Friedrich Nietzsche)
4) Sensible Phasen
Hierbei handelt es sich um Zeiten, in denen der Mensch besonders empfänglich dafür ist, bestimmte Dinge zu erlernen, z.B. Sprache oder Struktur. Diese Phasen sind von vorübergehender Dauer. Sie enden, wenn die damit verbundene Fähigkeit erworben wurde, oder wenn man die sensible Phase ungenutzt verstreichen lässt. Eltern brauchen einen genauen Blick für das Kind, um solche sensiblen Phasen zu erkennen und zu nutzen, weil es mit sehr viel Anstrengung verbunden ist, die betreffende Fähigkeit zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen.
Wer, wenn nicht die Eltern, sollte am besten in der Lage sein, sensible Phasen des eigenen Kindes zu erkennen? Im Gespräch stellt sich relativ schnell heraus, was das Kind gerade am meisten beschäftigt, und auch bei Babys bemerkt man oft relativ deutlich, ob sie gerade damit beschäftigt sind, ihre Bewegungsabläufe weiterzuentwickeln oder ihre sprachlichen Fertigkeiten zu verbessern. Irgendwie hört es sich selbstverständlich an, das Kind seinen Interessen gemäß zu fördern, aber ich kann wirklich nur jedem raten, einmal ganz genau unter diesem Gesichtspunkt hinzuschauen und zu hören. Für mich war das eine neue Erfahrung und hat dazu beigetragen, die Kinder besser zu verstehen und noch enger zusammen zu wachsen. Weil die Kinder ganz genau merken, dass man ihnen mit mehr Verständnis begegnet.
5) Regeln und Rituale
Sie geben den Kindern Sicherheit und Orientierung und sind daher ein wichtiger Bestandteil der Montessori- Pädagogik. Sie sollten in überschaubarem Rahmen eingeübt und entwickelt werden, damit sie die Kinder nicht überfordern. Da jedes Kind anders ist, muss auch mit Regeln und Ritualen flexibel umgegangen werden. Wenn ein Kind bereits eine gefestigte Persönlichkeit hat, ist ein fester Rahmen weniger wichtig als bei Kindern, die immer wieder Grenzen überschreiten. Bei ängstlichen Kindern soll sogar dazu ermutigt werden, Regeln zu weiten und Neues auszuprobieren.
Das war für mich jetzt tatsächlich keine große Neuigkeit. In den meisten Familien gibt es Regeln und Rituale, z.B. beim Schlafengehen.
6) Die Drei- Stufen- Lektion
Wenn eine neue Übung mit dem Kind durchgeführt wird, erfolgt dies in am Anfang ohne Worte, oder zumindest mit so wenig Worten wie möglich. Die Aufmerksamkeit des Kindes soll auf die Aufgabe gelenkt werden, während die Person des Erklärenden im Hintergrund bleibt. Je nach Bedarf wird dem Kind ein intensiver, langer Umgang mit dem Material ermöglicht (teilweise über Wochen). Erst dann werden die gemachten Erfahrungen mit Begriffen belegt. In der Regel werden zunächst maximal drei Gegenstände eingeführt, welche sich gut voneinander unterscheiden (z.B. Klein/ Mittel/ Groß), nach und nach kann dann eine Steigerung erfolgen.
Stufe 1: Namensgebung – Es wird vorgeführt, wie man das Material benutzt. Dabei werden die Gegenstände benannt („Dieser Würfel ist groß…“)
Stufe 2: Reproduktion – Man testet, ob das Kind sich die erklärten Begriffe gemerkt hat und auf das Material deuten kann („Zeige mir den großen Würfel…“)
Stufe 3: Abstraktion – Man zeigt etwas und fragt nach der Bezeichnung („Wie ist der Würfel?“ „Groß.“)
Wenn bei einer Stufe Schwierigkeiten auftreten, geht man zur vorherigen zurück. Hat das Kind alle drei Stufen sicher gemeistert, ist es in der Lage, eine neue Übung selbständig durchzuführen.
Ich habe das mal beim großen Sternentänzer ausprobiert. Er war völlig irritiert darüber, dass ich ihm etwas zeige und dabei stumm bleibe. Er konnte sich überhaupt nicht auf den Gegenstand konzentrieren, sondern fand es sehr amüsant, mich dabei zu beobachten, wie ich ihm etwas ohne Worte zeigen will. Scheinbar ist hier noch ein Lernprozess auf beiden Seiten erforderlich, denn im Prinzip verstehe ich den Sinn und Zweck der Drei-Stufen-Lektion und kann mir vorstellen, dass es gut funktioniert, wenn man ein wenig Übung darin hat und das Kind daran gewöhnt ist. Eine neue Sache erst einmal in aller Ruhe vorzustellen und darauf zu achten, dass das Kind sie wirklich verstanden hat, trägt sicher dazu bei, dass das Kind am Ende sicherer mit einem Material hantiert (z.B. Umgang mit dem Küchenmesser).
7) Übungen der Stille
Hier ist nicht Stille im Sinne von fehlenden Geräuschen zu verstehen, sondern eine innere Stille/ Ruhe/ Ausgeglichenheit des Kindes. Stille tritt ein, wenn
– das Kind in seine Arbeit vertieft ist (siehe Punkt 2)
– nach getaner Arbeit zufrieden innehält oder
– durch besondere Übungen der Stille versuchen, den Weg zu sich selbst zu finden
Eine solche Übung ist zum Beispiel das Gehen auf einer Linie. Die Kinder müssen ihr Gleichgewicht halten, ihre Bewegungen koordinieren und verfeinern dabei ihre Motorik.
8) Isolation einer Eigenschaft
Jedes Material enthält nur einen einzigen Lernschritt und wird isoliert in einer Übung bearbeitet. Dadurch wird Reizüberflutung vermieden und das Kind kann sich besser konzentrieren. Jedes Material ist nur wie vorgesehen zu verwenden.
Wenn das Kind das Gelernte verinnerlicht hat, ist es in der Lage, es im Alltag auch in anderen Situationen anzuwenden.
Eine häufige Kritik an der Pädagogik von Montessori ist genau dieses Fehlen von Kreativität. Das Material darf nur in einer bestimmten Weise verwendet werden, eine anderweitige Verwendung oder gar Spielen damit ist nicht erwünscht. Ich könnte mir vorstellen, dass Kreativität zur Zeit von Maria Montessori noch keine so große Bedeutung hatte wie heute, wo es sehr viele gestalterische Berufe und Arbeitsbereiche gibt und Kreativität eine wichtige Eigenschaft ist, um im Berufsleben zu bestehen. Aus diesem Grund weiche ich an der Stelle etwas von der Montessori- Konzeption ab und versuche, meinen Kindern auch Raum zu geben, ihrer Fantasie freien Lauf zu lassen. Montessori soll einmal sinngemäß gesagt haben: „Wenn ein Kind den Himmel grün malt, liegt das nicht an großer Kreativität, sondern daran, dass es den Himmel noch niemals richtig betrachtet hat.“
9) Kinder brauchen klare Erwachsene
Erwachsene begegnen dem Kind mit Wertschätzung, Liebe und Vertrauen. Das Kind wird als eigenständige Person respektiert. Der Erwachsene hält sich zurück und beobachtet sein Kind. Er hilft nur, wenn nötig, ist klar in seinen Äußerungen und geduldig.
10) Die kosmische Erziehung
Den Kindern soll ein Weg gezeigt werden, ihre Welt zu erobern und allmählich Verantwortung darin zu übernehmen.Wir sollten unseren Kindern beibringen, dass in unserem Universum alles mit allem zusammenhängt und voneinander abhängig ist.
Kinder entwickeln eine intensive Liebe zur Natur, wenn man ihnen die Möglichkeit dazu gibt. Dadurch entwickeln sie Respekt vor anderen Lebewesen und ein Bewusstsein dafür, wie wichtig es ist, die Erde zu schützen. Die Natur wird im Montessori-Konzept daher als Erweiterung der vorbereiteten Umgebung verstanden und stellt einen wichtigen Bestandteil der Erziehung dar.
Den Ansatz „raus in die Natur, dort gibt es am meisten zu lernen“, teile ich voll und ganz. Ich freue mich so sehr darauf, wenn der Winter endlich vorbei ist und wir den Großteil des Tages wieder an der frischen Luft verbringen können. Ich merke, dass der große Sternentänzer sich sehr für naturwissenschaftliche Fragen interessiert („Wo kommen die Blitze her? Warum verbrennt man sich, wenn man vom Blitz getroffen wird?“). Die kosmische Erziehung soll dazu beitragen, dass ein Kind seinen Platz in der Welt und übergeordnete Zusammenhänge besser versteht. Dem gibt es eigentlich nichts hinzuzufügen.
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